Die Geschichte der Cannabis-Prohibition

Deutschland und Indien im Vergleich

Cannabis ist so alt wie die Götter - und dann kam die Politik. Nachdem Cannabis Jahrtausende lang in vielen Kulturen medizinisch, religiös und als Rauschmittel genutzt wurde, ist es heute nahezu überall verboten. Was wurde aus den Riten, den Medikamenten, dem Wissen? Warum ist Cannabis heute in vielen Gesellschaften als gefährliche Droge geächtet, sogar so sehr, dass selbst die medizinische Nutzung problematisch, und der Gedanke an eine Legalisierung angstbehaftet ist. Es gibt Länder, in denen die Prohibition, trotz im Gesetz verankerter hoher Strafen, ein anderes Gesicht hat. In Indien beispielsweise hat man den positiven Nutzen der Pflanze nie vergessen. Was also macht Indien anders, wenn es um den Umgang mit diesem uralten Kulturgut geht?

Cannabis History Deutschland

Die ersten Nachweise für den frühen Gebrauch von Cannabis hinterließen uns die Kelten, die in der Eisenzeit in ganz Mitteleuropa lebten. Sehr viel später, zur Zeit des ersten Kreuzzugs (1069-1099) wurde Cannabis dann, aus offensichtlichen Gründen, in die Volksmedizin eingeführt. Ab dem 11. Jahrhundert fand Cannabis Einzug in die Klöster und wurde dort kultiviert und zu Arzneien verarbeitet, denn bei Schmerzen war es ein guter Ersatz für das damals recht gebräuchliche Opium, und schon Hildegard von Bingen, die eine heute noch sehr bekannte Heilgelehrte war, empfahl Cannabis gegen Magenschmerzen und Übelkeit. Auch gegen Rheuma und Bronchitis wurde Cannabis in den Klöstern gebraucht, meist als alkoholischer Auszug, bis es im 16. Jahrhundert endlich Einzug in die Kräuterbücher hielt. Damit verbreitete sich das Wissen über den medizinischen Nutzen auch über die Klostermauern hinaus, wo es eine glänzende Karriere als Allheilmittel anstrebte. Im 17. Jahrhundert kam der Anbau in großem Stil in Schwung, sodass zwischen 1850 und 1950 über 100 verschiedene Medikamente auf Cannabis-Basis auf dem europäischen Markt erhältlich waren. Es fand Einsatz gegen Schlafstörungen, Migräne, Neuralgien und Krämpfe, doch als im Jahr 1898 das Medikament Acetylsalicylsäure (Aspirin) auf den Markt kommt, wird Cannabis immer seltener verschrieben. Es ist schwieriger zu dosieren als Aspirin, und andere synthetische Medikamente, und die Werbung tat ihr Bestes, um Cannabis, das keine große Lobby hatte, für den eigenen Profit zu verdrängen. Doch bis dahin

War noch keine Prohibition in Sicht; Warum auch ein Volksmedikament verbieten, dass noch nicht mal den Absatz der Pharmaunternehmen bedroht?!

Cannabis History Indien

In Indien wird Cannabis schon gegen 4000 v.CH. in den Veden erwähnt, eines der vier Heiligsten Bücher des Hinduismus. Es steht geschrieben, dass sich der Hindugott Shiva an heißen Tagen durch den Verzehr von Blättern der Cannabispflanze erfrischt, und diese so zu seinem Lieblingsessen wurden. Aus diesen Blättern bereitet man in Indien seit tausenden von Jahren Bhang zu, ein traditionelles indisches Getränk, das man genießt, um den Gott Shiva zu ehren. Es besteht aus Cannabissaft, Kräutern und Gewürzen, und kann in seiner Wirkung variieren. Die indische Kultur und Religion sind schon von je her eng mit der Pflanze verwoben, da sie in Indien ungehindert und üppig in freier Wildbahn wächst, und zwar ganzjährig. Auch wird dort schon seit Menschen gedenken Ganja – was das Wort für Cannabisblüten ist, und Charas verwendet, was ein durch Reiben erzeugtes Harz bezeichnet. Sie kamen bei Hochzeiten, rituellen Anbetungen, zum Schutz für Krieger, also eigentlich bei allen wichtigen Angelegenheiten, bei denen man sich den Wohlwollen Shivas wünscht, zum Einsatz. Auch der medizinische Gebrauch von Cannabis hat in Indien lange Tradition, so wurde es gegen Fieber, Sonnenstich, Ruhr, Epilepsie, Lepra, aber auch gegen kleinere Probleme wie Schlaflosigkeit, Husten, zur Konzentration und gegen Schmerzen verwendet. Der indische Arzt Sushruta verfasste im 6. Jahrhundert v.CH. das Buch Sushruta Samlita, in welchem er Cannabis für den Appetit, die Verdauung, als Analgetikum, und auch als Aphrodisiakum und Lebenselixier empfiehlt. Auch im Yoga, das ursprünglich ausschließlich eine Meditationspraxis war, wurde Cannabis verwendet, und zwar zum Erlangen bestimmter übernatürlicher Kräfte, den Siddhis. Im Ayurveda, einer traditionellen indischen Heilkunst, wurde Cannabis ebenfalls traditionell verwendet, zum Beispiel im Jatipaladi Churna, einer Gewürzmischung aus Muskat, Cannabis, Pfeffer, Kardamom, Sandelholz, Sesam und Ingwer. Sie wird gegen Magen-Darm Beschwerden und Krämpfe eingenommen.

Die Opiumkonferenz

In der ersten internationalen Opiumkonferenz, die von 1911-1912 stattfand, verpflichteten sich die beteiligten Staaten zunächst, sich bestmöglich zu bemühen, sowohl alle Personen und Produktionsstätten, die mit Kokain oder Morphin zu tun hatten als auch den In- und Export streng zu kontrollieren. In der zweiten Opiumkonferenz 1925 in Genf unterzeichneten alle Staaten ein überarbeitetes Abkommen, das Drogen wie Heroin und Kokain gänzlich verbot. Doch Ägyptens König war das nicht genug, denn in seinem Land war der Konsum von Cannabis sehr verbreitet. Er klagte über die lähmende Wirkung von Cannabis, faule Untertanen, und deshalb plädierte er dafür Cannabis in das Abkommen mit aufzunehmen. Den richtigen Hebel für die Umsetzung seines Wunsches fand er in Deutschland. Die deutschen Pharma-Firmen Bayer und Merck stellten nämlich Arzneien aus Heroin und Kokain her, und exportierten diese unter anderem nach Ägypten. Diesen wichtigen Wirtschaftsfaktor zu verlieren war für Deutschland undenkbar, und als es bei der Abstimmung das Zünglein an der Waage war, war es wichtiger den Absatzmarkt für seine Medikamente nicht zu verlieren, als ein Volksheilmittel zu schützen. Deutschland stimmte für das Verbot von Cannabis, Ägypten importierte weiter fleißig Medikamente, und alle waren glücklich - fast alle. Indien hatte schon damals große Probleme mit dem Verbot, da Hanf im ganzen Land wild wächst, und tief in Kultur und Religion eingewoben ist. Somit fügte man eine Ausnahme ein, die besagt, dass der Export für wissenschaftliche und medizinische Zwecke nur in Ländern verboten sein sollte, in denen auch dessen Gebrauch gänzlich verboten war. Die Unterzeichnerstaaten mussten die Überwachung für Drogen im medizinischen Bereich erhöhen sowie die Strafen für den illegalen Handel verschärfen. In Deutschland wurde daraufhin 1929 ein neues Opiumgesetz verabschiedet, welches bis 1972 als Grundlage der deutschen Drogenpolitik galt. Auch in Indien stellte man den Konsum und Handel von Cannabis unter Strafe, und kann sie laut Gesetz schon bei kleinen Mengen mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe und 10.000 Rupien Geldstrafe belegen. Aber, geschieht das auch?

Die Zeit danach

Strafen, Kultur, Religion und Gesellschaft heute

Deutschland

Auch in Deutschland gibt es bekanntlich teils heftige Strafen für den Besitz, vor allem aber für Anbau und Handel von Cannabis. Einer der Gründe dafür ist, dass die Fassung des Opiumgesetzes von 1929 (Das ist das Gesetz, das in Deutschland nach der Internationalen Opiumkonferenz erlassen wurde, um Cannabis in Deutschland zu regulieren.) im Jahr 1971 ohne Überarbeitung in das BtmG überführt wurde, das wir noch heute haben. Dazu kommt, dass die Strafen inzwischen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ausfallen, oft unverhältnismäßig sind und ihr Ziel verfehlen. Konsumenten werden nicht nur vom Gericht bestraft, es erfolgt auch eine gesellschaftliche Ächtung.

Cannabis zu konsumieren, geht in Deutschland mit einem Stigma einher, dass im Job, in der Familie, im Umfeld zu Problemen führen kann. Durch gezielten Lobbyismus ist Cannabis verboten wurden, und durch ebendiesen geriet es auch in Vergessenheit. Pharmafirmen war Cannabis seit jeher ein Dorn im Auge, und so wurde es medial verteufelt, und synthetische Medikamente zur sicheren Alternative erklärt. Die harte Strafverfolgung sorgte zusätzlich für das Bild der gefährlichen Droge, und spätestens als man auf die Idee kam, nicht der gesellschaftsfähige Alkohol, sondern Cannabis sei die Einstiegsdroge Nummer eins, hatte man auch die letzten besorgten Bürger in der Tasche. So gingen die Jahre ins Land, und da auf diesem irgendwann ebenfalls Apotheken zu finden waren, war auch die Landbevölkerung nicht mehr auf Cannabis angewiesen. Warum auch, denn heutzutage ist jeder krankenversichert, und Produkte von Bayer zahlt nun mal die Kasse – Cannabis meist nicht. Ehrliche Aufklärung war auch nie Sache des Staates, denn verängstigte Bürger halten sich an Gesetze, und verängstigte Eltern bestrafen kiffende Jugendliche hoffentlich so hart, dass der Staat das nicht tun muss. Fast hundert Jahre lang ist diese Rechnung aufgegangen, doch nun steht uns mit der Legalisierung endlich die Kehrtwende bevor.

Indien

In der indischen Gesellschaft ist der Cannabis-Konsum noch immer hoch. Laut einer Studie sind Mumbai und Neu-Delhi unter den Top Ten der Cannabiskonsumenten. Das Getränk Bhang ist nicht verboten und aufgrund des Umstands, dass Cannabis vor allem im indischen Norden wild wächst, auch weit verbreitet. Viele Bauern ernten wildes Cannabis – solange es den Privatgebrauch nicht übersteigt, interessiert die Polizei sich dafür wenig bis gar nicht. In Indien gehört Cannabis noch immer fest zur Religion, und da Indien ein sehr religiöses Land ist, in dem auch die Polizisten zuhause Cannabis zur Anbetung Shivas verwenden, kam es dort nie zu einem Bruch mit der traditionellen Verwendung der Pflanze. Auch ein Stigma gibt es in Indien nicht, ganz im Gegenteil. Es gibt dort sogar heilige Männer, die den ganzen Tag nichts tun, als zu essen, zu kiffen, sich gelegentlich mit Asche einzureiben, zu wandern und teils verrückte Askesen auszuhalten. Arbeiten gehen die Sadhus, die in der Gesellschaft großes Ansehen genießen, nicht. Stattdessen leben sie von Spenden, die sie gegen eine Segnung von den gläubigen Indern erhalten. Das Rauchen ihrer Graspfeife ist ein Akt der Anbetung, der den ganzen Tag über wiederholt wird. Cannabis wurde in Indien außerdem nie aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen instrumentalisiert, und so hat die Bevölkerung noch heute einen guten Bezug, tiefgreifendes Wissen, und einige der leckersten Landrassen der Welt.

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