EuGH-Generalanwalt erklärt CBD-Verbot in Frankreich für EU-rechtswidrig

Nach Ansicht eines Generalanwalts am Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) verstößt das französische Verbot von aus Hanf gewonnenen Cannabidiol (CBD) gegen europäisches Recht. Das Gutachten würde, sofern die EuGH-Richter der Rechtsauffassung des Generalanwalts folgen, einen Präzedenzfall schaffen, der einen bedeutenden Einfluss auf die europäische CBD-Industrie haben könnte. Hintergrund ist die Verurteilung zweier Unternehmer, die CBD-Liquids für E-Zigaretten und Vaporizer aus Tschechien nach Frankreich importierten und damit handelten. Dafür wurden sie nach französischem Betäubungsmittelgesetz verurteilt. Die Begründung des französischen Gerichts: Das aus Tschechien importierte CBD-Öl für die Liquids wurde aus der gesamten Hanfpflanze, einschließlich Blätter und Blüten, gewonnen. Dies ist nach französischem Recht verboten: Cannabis darf nur zur Gewinnung von Fasern und Samen angebaut werden. Zudem ist die Ein- und Ausfuhr von Cannabis ausschließlich für industrielle Zwecke zulässig. Verkehrsfähig sind so nur Produkte, die den synthetisch hergestellten Cannabis-Wirkstoff CBD enthalten - alle natürlichen CBD-Produkte werden hingegen illegal produziert und vermarktet. Nach diesem Urteil zogen die Verurteilten vor ein Berufungsgericht, welches den Fall an den Europäischen Gerichtshof weiterreichte. Die Schlussanträge von Generalanwalt Evgeni Tanchev wurden aufgrund der EU-rechtlichen Tragweite des Verfahrens mit Spannung erwartet. Der Generalanwalt kam zu folgendem Schluss: „Das EU-Recht verbietet es einem Mitgliedstaat, die Einfuhr von Cannabidiol-Öl aus einem anderen Mitgliedstaat zu verbieten, wenn dieses Öl aus der ganzen Hanfpflanze und nicht nur aus ihrer Faser und ihren Samen gewonnen wird, da nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht nachgewiesen ist, dass Cannabidiol-Öl psychotrope Wirkungen hat.“ Wenn das CBD-Öl als Rauschgift betrachtet würde, würde es nicht in den Geltungsbereich der EU-Bestimmungen über den Warenverkehr fallen, so der Generalanwalt weiter. Für Rechtslaien kurz zusammengefasst: Wenn CBD-Öl in einem EU-Mitgliedstaat legal ist, dann dürfe es nicht in einem anderen EU-Land als „Rauschgift“ deklariert und geahndet werden. Dazu würden die wissenschaftlichen Erkenntnisse nahelegen, dass CBD keine berauschenden Eigenschaften aufweist. CBD-Produkte dürften also nicht grundsätzlich unter die Bestimmungen der Betäubungsmittelverordnungen fallen. Frankreichs generelles Vermarktungsverbot stehe so nicht im Einklang mit dem EU-Recht zum freien Warenverkehr. Nun liegt es an der französischen Justiz zu beweisen, dass von Cannabidiol eine gesundheitliche Gefahr ausgeht. Im Sinne des EU-Rechts plädiert Tanchev aber auch für eine verhältnismäßige Regelung von Produkten auf CBD-Basis in Europa, die den freien Warenverkehr weniger einschränken würde, z.B. durch die Festlegung eines CBD-Höchstgehalts. Für die Anwältin der CBD-Unternehmer, Eveline van Keymeulen, sind die Schlussanträge des EuGH-Generalanwalts „ein entscheidender Schritt in Richtung der dringend notwendigen regulatorischen Harmonisierung und Rechtssicherheit für die CBD-Industrie in Europa. Darüber hinaus wird eine klare und verhältnismäßige Regulierung von CBD-basierten Produkten letztlich den Verbrauchern in der EU zugutekommen". Die Entscheidung des Gerichtshofs könnte einen verbindlichen Präzedenzfall für EU-Recht schaffen: „Nicht nur Frankreich würde dazu gezwungen, seine Gesetzgebung anzupassen, um die Vermarktung von CBD-Extrakten aus der gesamten Cannabis-Pflanze zu ermöglichen, sondern auch andere nationale Regulierungsbehörden müssten bestehende Beschränkungen in Bezug auf Produkte aus Hanf im Lichte des freien Warenverkehrs in der EU erneut prüfen“, so van Keymeulen. Die Entscheidung des Gerichtshofs wird für September 2020 erwartet. In den meisten Fällen folgt der Gerichtshof den Schlussanträgen des Generalanwalts.

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